Ich kenne das! Obwohl ich schon in den Niederlanden selbstständig war, ist dies hier ein komplett anderer Prozess. Das hat mich auch sehr verunsichert. Es beschäftigte mich, was passiert, wenn ich eine Behörde vergessen sollte, wenn ich im Formular das falsche Kreuz setze oder schon alleine die Konfrontation mit dem “Beamtendeutsch”. Das hat mir einige schlaflose Nächte bereitet.
Um dir die Recherchen zu erleichtern, habe ich alle notwendige Schritten, um ein Gewerbe anzumelden, hier in einem Erfahrungsbericht zusammengefasst, damit du einen chronologischen Fahrplan hast. Denn vermeiden kannst du eine Gewerbeanmeldung trotzdem nicht, wenn du legal in Deutschland Gewerbe treiben möchtest und damit Geld verdienen willst.
Als Bonus findest du auch noch einige weiterführende Tipps und Hinweise bis zum Ziel: Ein Gewerbetreibender sein in Deutschland!
Dieser Artikel ist ein reiner Erfahrungsbericht meiner persönlichen Schritte in die Selbstständigkeit. Ich kann keine wirtschaftlichen oder juristischen Ratschläge geben. Diese Angaben sind ohne Gewähr!
Du bist ein Bürger aus der EU und hast einen Wohnsitz in Deutschland. Du hast in dem Zusammenhang eine Meldebescheinigung vorliegen. Du kennst deinen Traum und weisst schon, ob du als Freiberufler oder Gewerbetreibender eingestuft wirst. Du hast natürlich auch ein gültiges Lichtbilddokument, wie ein Personalausweis oder Reisepass.
Geht man in Deutschland einer geregelten Arbeit nach, kann man dies als Angestellter unter einem Chef tun oder man ist selbstständig und ist für sich selbst verantwortlich. Selbstständigkeit unterteilt sich nochmals: Gewerbetreibender und Freiberufler. An dieser stelle behandele ich ausschließlich Gewerbetreibender, weil ich nur damit Erfahrung gemacht habe.
Gewerbetreibende sind selbstständig und haben die Absicht nach außen erkennbar, gewinnbringend Handel zu treiben. Dazu gehören produzierende und verarbeitende Gewerbe (Industrie, Handwerk) und Dienstleister. In meinem Fall handelt es sich um eine Dienstleistung. Ich verkaufe Werbeflächen im internet und auf mobilen Apps.
Ein Gewerbetreibender hat die Absicht dauerhaft und weisungsungebunden zu arbeiten. Er wählt seine Arbeitgeber frei aus und legt seine Arbeitszeit selbständig fest.
Wenn alles bisher gesagte noch auf dich zutrifft, werden die folgenden Schritte dir helfen auf dem Weg zum großen Ziel: Ein eigenes Gewerbe!
Der Rest des Artikels zeigt chronologisch meine gemachten Schritte. Aber alles fängt an mit einem organisierten Plan.
Um nachzuvollziehen, wann was passieren muss und in welche Reihenfolge, habe ich meinen Plan als Fischgrätendiagramm dargestellt.
Er dient maßgeblich zu Orientierung und zur persönliche Beruhigung, dass man nichts vergisst auf dem Weg zum Ziel. Wichtig hier ist, dass die Planung noch angepasst und erweitert werden kann.
Wenn du deine Planung fertig hast, kann die Umsetzung losgehen. Hier folgt ein Tagebuch mit alle von mir durchgeführten Aktionen.
Will ich ein Gewerbe anmelden, muss dies in Deutschland beim Bezirksamt/Ordnungsamt im Fachbereich Gewerbeangelegenheiten passieren. Für mich bedeutete dies ein Besuch beim Bezirksamt Treptow-Köpenick. Es ist sinnvoll vorher die Öffnungszeiten des Gewerbeamts zu ermitteln, um nicht vor verschlossenen Türen zu stehen.
Erfahrung #1: Gemeinsam mit dem Beamten wird das ganze Formular nochmals durchgegangen. Das gibt einem nochmal die Möglichkeit, garantiert die richtigen Angaben hinterlegt zu haben. Und der Mitarbeiter definiert die Tätigkeit “behördentauglich”.
Erfahrung #2: Meine Meldebescheinigung wurde nicht benötig. Die Angaben in meinem Reisepass waren ausreichend. Trotzdem sollte man dieses Dokument sicherheitshalber mitbringen.
Wenn du es geschafft hast, bist du Gewerbetreibender 🎉
Kleine Hinweise:
Es heißt, dass das Finanzamt automatisch auf dich zu kommt, ich bin aber nach einem kurzen Telefonat ohne Termin zum Amt und habe die Anmeldung des Gewerbes beim Finanzamt innerhalb kürzester Zeit vollenden können. Dazu habe ich auch vorher ein Formular bestmöglich ausgefüllt, und gemeinsam mit der Sachbearbeiterin konnten die fehlenden Informationen nachgetragen werden.
Erfahrung: Die Sachbearbeiterin hat auch aufgeklärt, wann die Steuererklärung fällig sein wird und welches Formular dafür zu verwenden ist. Dieses Formular ist per Elster einzureichen.
Elster (Elektronische Steuererklärung) ist ein Projekt zur Abwicklung der Steuererklärungen und Steueranmeldungen über das Internet. Laut Auskunft der Sachbearbeiterin ist die Einreichung meiner Gewerbesteuererklärung nur auf diesem Weg möglich.
Da ich noch Zeit habe, habe ich mich damit noch nicht befasst. Wenn ich dies nachgeholt habe, teile ich meine Erfahrung hier mit Euch.
Als Kleingewerbetreibender (< €100.000 Umsatz pro Jahr) bin ich nicht verpflichtet mich zu registrieren. Notwendig ist es nur, wenn ich meine Firma unter einem Firmennamen (auch Fantasiename genannt) betreiben will.
Bei der Anmeldung des Gewerbes ist kein Firmenname nötig. In erster Linie bekommt der Betrieb den eigenen Namen und die Berufsbezeichnung. Beispiel: Loek van den Ouweland Software Engineering
. Diese Formulierung muss auch auf alle offizielle Dokumente (Impressum, Briefpapier).
Ohne Anmeldung entstehen auch keine Kosten.
Ich habe meine Krankenkasse angerufen und ihnen mittgeteilt, dass ich nun Gewerbetreibender bin. Es wurde über die voraussichtlichen Einkünfte gesprochen und mir wurde daraufhin ein Formular (“Angaben für die freiwillige Versicherung als Selbstständiger”) per Post zugesendet. Auf Grund dieser Zahlen wurde mein Krankenkassenbeitrag berechnet.
In Deutschland ist ein Betrieb verpflichtet für seine Angestellten eine gesetzliche Unfallversicherung abzuschließen. Die Beitragspflicht gilt aber nicht, wenn du ein 1-Personen-Betrieb bist, also ohne Angestellte. Die Registrierung ist nötig, aber es kostet mich nichts.
Ich las mehrere Nachrichten zu diesem Thema und kam zu dem Schluss, dass für mein Gewerbe keine gesetzliche Verpflichtung zur Eröffnung eines Geschäftskontos bestand. Da Banken jedoch häufig in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen festhalten, dass sie Ihr Privatkonto nicht für geschäftliche Zwecke verwenden können, habe ich nach einem Geschäftskonto gesucht.
Heutzutage bieten sich viele neue Online-Banken als Partner für Selbstständige an. Nachdem ich Erfahrungen gelesen hatte, entschied ich mich schließlich für eine traditionelle Bank und kann hier nur empfehlen, ‘Geschäftskonten vergleichen’ zu googeln und die Bank auszuwählen, die am besten zu dir passt.
Beim Anmelden eines Gewerbes bist du auch verpflichtet, die Rentenversicherung davon in Kenntnis zu setzen. Es muss geklärt werden, ob eine Rentenversicherungspflicht besteht. Da es in manchen Fällen nicht eindeutig ist, gibt es dafür den “Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht als selbstständig Tätiger”. Suche dieses auf der Seite der Deutschen Rentenversicherung unter V0023. Schicke das ausgefüllte Formular an die gleiche Rentenversicherung, bei der du sonst auch versichert bist.
Die Bürokratie ist überstanden und nun wird das Gewerbe mit Leben gefüllt. Ich hoffe mein erfahrungsbericht könnte dir ein Leitfaden an die Hand geben und die Angst vor der Anmeldung reduzieren. So viele Leute haben das geschafft. Du schaffst das auch!
Am Ende möchte ich hier noch eine Lanze für die Behörden brechen! Sowohl beim Gewerbeamt als auch beim Finanzamt wurde ich freundlich und kompetent unterstützt. Man ist mit mir zusammen die umfangreichen Fragebögen durchgegangen und dadurch hat man mir ein gutes Gefühl gegeben. Und das gibt mir Vertrauen, dass mein Gewerbe auf stabilen Füßen steht!